Die Geschichte der Gemeinde Langen-Bergheim (Verfasser Fritz Fauser)
Zur Vorgeschichte:
Es war im 7. Jahrhundert nach Chr. – die lange Zeit dominierenden Römer waren im Jahr 260 aus unserer Gegend vertrieben und das Land seitdem durch die Völkerwanderung nicht zur Ruhe gekommen -, als die Franken in Mitteleuropa ein großes und stabiles Staatswesen aufgebaut hatten. Um diese Zeit, also etwa 400 Jahre vor der urkundlichen Ersterwähnung 1057, ist Bergheim entstanden.
Die Ortsnamenforschung hat gezeigt, dass die Namensendung –heim auf eine frühe fränkische Gründung hinweist. Ausgegangen ist die Besiedelung mit hoher Wahrscheinlichkeit von Marköbel, das als ehemaliges Kastell sicher durchgehend bewohnt war. Die Franken hatten sich durch ihren ersten König Chlodwig seit dem Jahr 500 der römisch-katholischen Kirche angeschlossen: so war unser Dorf von Anbeginn christlich und die erste Kirche wird die von Marköbel gewesen sein. Das blieb lange 600 Jahre so, bis die letzte gemeinsame Herrschaft - von Münzenberg - 1255 ohne Erben starb. Die komplizierte Erbteilung brachte Marköbel unter die Herrschaft der späteren Grafen von Hanau und Bergheim in den Einflussbereich der Herren von Isenburg/ Büdingen.
Das in dieser Zeit gegründete Zisterzienserinnen- Kloster in Marienborn und die von dort unterstützte Gründung der Pfarrkirche in Eckartshausen haben dabei eine Rolle gespielt. Die Zugehörigkeit Bergheims ( und seit 1820 Langen-Bergheims) zur Pfarrei Eckartshausen hat die Einführung der Reformation 1550, den Untergang des Fürstentums Büdingen 1816 und des Großherzogtums Hessen 1918 überdauert und ist erst 1980 gelöst worden.
Am 14. August 1956 konnte das Gemeindehaus eröffnet werden; bis dahin musste sich der Pfarrer in einem Stübchen der angrenzenden früheren Schule vorbereiten.
Bis 1821 lag der Friedhof an der Kirche. Bei den kürzlich durchgeführten Renovierungen wurden vier gut erhaltene Grabsteine aus dieser Zeit wieder sichtbar und überdacht aufgestellt. Zwei dieser Steine nennen den Namen Euler, der zum ersten Mal 1442 in Bergheim anlässlich eines Streites mit Marköbel um die Erhebung von Wegezoll genannt wird und damit der älteste Familienname hier ist.
Ein dritter Stein trägt den Namen des Joh. Henrich Becht, dessen Lebensdaten aus den Kirchenbüchern von Eckartshausen vervollständigt werden konnten:
Henrich Becht war nachweislich 1753 Gerichtsschöffe in Bergheim und während und/oder nach der Zeit des Kirchenbaues Kirchenrechner (damals Kirchenbaumeister genannt); damit war er sicher in die Verantwortung für den finanziellen Kraftakt dieses Baues eingebunden. Vater und Schwiegervater waren um 1710 Bürgermeister in Bergheim.
Der Vorgängerbau...
soll eine gotische Kapelle gewesen sein. Hans-Velten Heuson, der Büdinger Historiker, datiert den Bau in das 14. Jahrhundert. Die erste verbürgte Nachricht stammt aus dem Jahr 1499. Zwei weitere Nachrichten aus den Jahren 1575 und 1621 sprechen von Glöcknern in Bergheim: die Kirche muss also ein Geläut und vielleicht sogar einen Glockenturm gehabt haben. Der Schutzpatron war ein Jakobus; es ist zu vermuten, dass es sich um Jakobus den Älteren, einen Weggefährten und Jünger Jesu gehandelt hat. Dessen legendäres Grab in Santiago de Compostela in Galicien (Nordwestspanien) war in dieser Zeit Ziel einer weitverbreiteten Wallfahrt. Dieser „Camino de Santiago“ ist heute die erste offizielle Kulturstraße Europas.
1751 ist die Kirche nach mehr als 300 Jahren vermutlich wegen Baufälligkeit abgerissen worden.
Der Bau der Kirche:
„Im Rahmen eines großen Ysenburgischen Kirchenbauprogramms entstand 1752 die heutige Kirche“, so schreibt Egon Marx in seiner Chronik von 1982.
Dieses Bauprogramm war eingebettet in einen Bauboom in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts in ganz Deutschland. Beispielhaft stehen Dresden mit der Frauenkirche, die Würzburger Residenz und das Brühler Schloss dafür.
In unserer Region sind zu nennen die Kirchen von Marköbel (1741), Selbold (1735), Kaichen (1738), Burgbracht (1738), Kefenrod (1742), Unterreichenbach (1752), Bruchenbrücken (1751), Heldenbergen (1751) und Oberwöllstadt (1751) .
Die Vorgeschichte zeigt uns die Gründe des Booms: Nachdem im 16. Jahrhundert Luthers Reformationsbestrebungen an der starren Haltung des römischen Klerus gescheitert und große Teile Nordeuropas protestantisch geworden waren, entluden sich die Spannungen 1618 bis 1648 in dem fürchterlichen dreißigjährigen Krieg. Neben den Zerstörungen waren es vor allem die Verluste an Menschenleben –die Bevölkerung Deutschlands wurde von 17 auf 8 Millionen reduziert- die Ursache für langandauernde Not und Armut.
So war nach endlich erfolgter wirtschaftlicher Erholung der Nachholbedarf riesig. Der Mangel an Fachleuten wurde schon damals auch aus dem Ausland gedeckt. So berichtet der Lehrer Ullmann, der mit seinem Tagebuch von 1910 bis 1914 die erste Langen-Bergheimer Chronik verfasst hat, von Schweizer Bauleuten an unserer Kirche. Andere Kirchen sind nachweislich mit Tiroler Baumeistern errichtet worden: so in Heldenbergen, Oberwöllstadt und Bruchenbrücken. Die Baugeschichte der Kirche in Bruchenbrücken ,die ihr Jubiläum im letzten Jahr feiern konnte, hat Kathrin Ellwardt in einer kleinen Broschüre ausführlich dargestellt.
Nach sehr kurzer Bauzeit konnte in unserer Kirche am Montag, dem 30. 10. 1752 im Beisein des Landesherren Graf Carl Friedrich zu Ysenburg -Meerholz und seiner Familie Richtfest gefeiert werden.
Den überlieferten Richtspruch des Zimmermeisters Schmid aus Birstein lautet........ Peter Niess hat ihn anlässlich der 1952 anstehenden 200-Jahrfeier unserer Kirche im fürstlichen Archiv gefunden und veröffentlicht. Der Zimmermeister Schmid aus Birstein begegnet uns auch schon 10 Jahre früher beim Bau der Kirchen in Burgbracht und Kefenrod.
Von Finanzierung und Bau benachbarter Kirchen sind vielfach Einzelheiten überliefert; in unserem Fall sind das Gemeindearchiv und das des Landesherren nicht mehr oder noch nicht zugänglich. Die Finanzierung könnte aber, wie von anderen Kirchenbauten berichtet, durch Materialgestellung durch den Landesherren und regionale Kollekten erfolgt sein. Die Gemeinden des Kirchspiels – Eckartshausen, Himbach und Altwiedermus sind sicher auch beteiligt worden.
Unsere Kirche ist eine typische evangelische Dorfkirche, wie sie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts allein in der südlichen Wetterau neunmal gebaut worden ist: an einen ungeteilten rechteckigen Saalraum schließt ein aus einem Achteck gewonnener dreiseitiger Chor an, der üblicherweise Altar, Taufstein und Orgel aufnimmt. Die Sitzbänke sind hufeisenförmig und mehrgeschossig der Kanzel und dem predigenden Pfarrer zugewandt. Bemerkenswert ist die Größe unserer Kirche: Bergheim hatte zur Zeit des Baues 300 Einwohner! Über dem südlichen Seiteneingang ist das Wappen der Ysenburger Zeichen für den „Fürsteneingang“, der früher für die Landesherrschaft und Honoratioren reserviert war.
Der Haupteingang an der Westseite ist 1843 durch den Bau der Durchgangsstraße mit der großen Stützmauer zum „Hintereingang“ geworden.
Damit lässt sich auch die unübliche Platzierung des Altars an der Südwand erklären. Über dem Westgiebel erhebt sich ein großer achteckiger Dachreiter mit zweigeschossiger „welscher Haube“ für das Glockengeläut.
Deckenbild und Wandbild eines unbekannten Soldaten
Reparaturen, bei denen Schäden an Decke, Dach und Glockenstuhl behoben werden mussten, sind 1870, 1925, 1970, 1983 und 1999 erfolgt. Die Ausmalung der Wände und der Decke im Jahre 1925 stammt von Otto Kienzle aus Eberstadt; das Deckenbild „Lamm Gottes“ wurde 1983 restauriert. Gleichzeitig wurde das lebensgroße Wandbild eines Soldaten von ~1790 an der Westwand der ersten Empore freigelegt.
Der Taufstein...
stammt aus dem Jahr 1583 und war ein Geschenk des Grafen Philipp II von Isenburg-Birstein für die alte Kirche. Er trug dort vermutlich die Kanzel –wie ein zweiter gleicher noch heute in der Kirche von Eckartshausen. Beim Neubau ist er in der südlichen Außenwand vermauert und erst 1970 auf Initiative des damaligen Pfarrers Kurt Schulz aus Eckartshausen wieder freigelegt und überarbeitet worden. Neben der Jahreszahl zeigt er das Isenburger Wappen und ein Steinmetzzeichen.
... die Orgel
Die Orgel ist von dem Homburger Johann Conrad Bürgy um 1790 gebaut und nach zweimaliger Renovierung 1870 und 1970 noch weitgehend im Originalzustand. Weitere Orgeln von Bürgy gibt es in der Stadtkirche in Büdingen, in Bleichenbach und Rohrbach. Über die Qualität des Instrumentes schreibt unser Chronist Egon Marx: „Es möge sich ein Gefühl für den besonderen Rang der Bürgy-Orgel bilden“. Interessant ist, dass der neue Ortsname Langen-Bergheim – offiziell erst 1820 nach der Übernahme der Landesherrschaft durch das Großherzogtum Hessen-Darmstadt eingeführt – das erste Mal in der Orgel-Disposition von 1787 auftaucht.
... die Glocken
Von insgesamt fünf Glocken ist zu berichten: Die Älteste– eine kleine Glocke (200 kg) von 1727 - stammte vermutlich vom Vorgängerbau und ist im ersten Weltkrieg eingeschmolzen worden.
Die 1805 von Bach in Windecken gegossene mittlere Glocke (270 kg) sollte im zweiten Weltkrieg das gleiche Schicksal erleiden und ist glücklicherweise auf dem „Hamburger Glockenfriedhof“ wieder aufgetaucht und beim Erntedankfest 1947 eingeläutet worden. Zwei Glocken- eine kleine „Ersatzglocke“ und eine große 610 kg-Glocke - sind 1922 bei Ulrich und Wrede in Bockenem im Harz gegossen und am 21. Januar 1923 geweiht worden. Die große Glocke ist im zweiten Weltkrieg verloren gegangen und durch die bei Bachert in Karlsruhe gegossenen Glocke ersetzt worden. Seit dem 19. April 1964 erklingen wieder drei Glocken in den Tönen g, h, d.
Tonaufnahme des Glockengeläuts